Was uns heute trösten kann

Liebe Leser unserer Website,

das sind große und berühmte Worte, aus dem Buch des Propheten Jesaja mit denen das Kapitel 40 beginnt.

Tröstet, tröstet mein Volk! spricht euer Gott.

Das Volk der Israeliten brauchte Trost. Sie waren vor rund 2600 Jahren Heimatvertriebene, entwurzelte Menschen, die alles ver­loren hatten. Aus der Heimat Israel weggeführt, lebten sie im Jahr 550 vor Christus im Exil in Babylon. Und das nun schon seit mehr als einem halben Menschenleben. Sie hatten keine Hoffnung mehr und wuss­ten nicht so recht, sollten sie sich hier neu beheimaten und die Hoffnung aufgeben, oder würde Gott sie wieder nach Hause führen und ihnen eine neue Zukunft schenken?

Und noch tiefer gefragt: Hatte Gott sie vergessen oder hielt er an ihnen fest?

Tröstet, tröstet mein Volk! spricht euer Gott.

Die Israeliten damals brauchten in der Tat Trost. Und wie sieht das bei uns heute aus? Brauchen wir denn Trost?

Ja, wir alle brauchen Trost. Wir leben zwar nicht im Exil und doch ist das Bibelwort heute aktueller denn je.

Trostlose Situationen – es gibt sie in unzähligen Variationen. Nicht nur in den großen Ereignissen, die Schlagzeilen machen, sondern auch in vielen einzelnen Schicksalen und persönlichen Katastrophen, die nicht öffentlich werden und an denen dennoch unzählige Menschen zerbrechen.
Sie kennen vielleicht Situationen, in denen Sie Trost gebraucht

haben oder trösten wollten. Wenn wir Trost brauchen, dann sind wir wie ein ausgetrockneter Schwamm, der Wasser braucht. Müde, leer und ausgebrannt. Wir sehnen uns nach Halt und Hoffnung.

Meistens denken wir an Trost, wenn es um den Tod geht, wenn jemand einen Menschen verloren hat, der ihm sehr viel bedeutete.
Aber es kann auch andere Situationen geben, in denen wir Trost brauchen, zum Beispiel, wenn wir Schuld auf uns geladen haben und nicht mehr in den Spiegel sehen können. Beim Verlust einer Arbeitsstelle, der körperlichen Fitness oder dem eigenen Selbstwertgefühl. In Krankheit oder Einsamkeit. Es sind immer Zeiten, in denen uns die Hoffnung verloren geht. Wir haben etwas verloren, was uns wichtig war, was uns Halt und Sicherheit gegeben hat. Unser Kopf und Herz sind voll von dem, was wir verloren haben, und dann ist die Zukunft dunkel. Uns fehlt die Kraft, weil wir keinen Ausweg sehen.
Wann sind Sie das letzte Mal getröstet worden? Was hat Ihnen dabei geholfen? Vielleicht hat Ihnen jemand zugehört. Es war ganz still. Es gab keine Kommentare, kein Besser­wissen. Da hat einfach jemand mitfühlend zugehört und vielleicht geschwiegen. Gar nichts oder nur wenig dazu gesagt. Oder jemand hat die richtigen Worte gefunden.

Diese Worte haben Sie mitgenommen und in Ihrem Herzen bewegt. Diese Worte haben Ihnen wieder Freiraum verschafft, haben Sie aufatmen lassen, haben Sie von Schuld freigesprochen. Oder es wurden unheilvolle Zusammenhänge benannt, die Sie vorher nicht gesehen haben.

Und ja, Sie konnten danach getröstet einen anderen Weg gehen, oder mit erhobenem Haupt und gestärkt den bisherigen Weg weiter­gehen. Getröstet eben. Trost nicht im Sinne von Vertrösten, sondern Trost, der gut tut, der einen Raum öffnet. Da hält mich jemand und da hält mich jemand aus, in meiner Traurigkeit, meinen unberechenbaren Reaktionen, meiner Verzweiflung.

Trostworte sind wichtig für uns heute und die Menschen damals, um immer wieder neu die Kraft zu entwickeln, um durch dunkle Zei­ten hindurchzukommen und vielleicht sogar an ihnen zu wachsen. Wir können uns gegenseitig zuhören, allein das kann schon trösten. Das Wort Trösten bei Jesaja beschreibt im Hebräi­schen ein „Aufatmen lassen“, ein „Beistehen“.

Viele Menschen haben Scheu, auf jemanden mit großem Kummer zuzugehen, sie sind unsicher und wissen nicht, wie sie sich richtig nähern sollen. Aber wer in großer Not ist, hat oft nicht mehr die Kraft, selbst auf andere zuzugehen und seine Isolation zu durchbrechen. Wer schon einmal trösten wollte, der weiß, wie schwer und wie unmöglich das manchmal ist.

Wer kann das über Tage, Wochen, Monate, manchmal Jahre?

Gott, liebe Gemeinde. Gott kann das. ER sieht unsere Not, er wird bei uns sein, erträgt uns, auch über lange Zeit, das ganze Leben. Hören Sie noch einmal genau auf die Worte:

Tröstet, tröstet mein Volk! spricht euer Gott

Diese Botschaft ist an das Volk Israel gegangen, als sie völlig ohne Hoffnung in der Gefangenschaft in Babylon waren. Sie waren am Ende und sie hatten auch noch selbst Schuld daran, weil sie nicht auf Gott gehört hatten.

Wir alle sind heute Gast in unserer Kirche, die wir mit leeren Händen betreten dürfen. Unser gnädiger Gott sieht uns an und weiß, was wir brauchen. Er weiß um die Auseinandersetzungen

und Verwerfungen in unseren Familien und in unserer

Gesellschaft. Was uneben ist zwi­schen uns und unseren Nächsten, auch was höckerig ist in uns, ER weiß es.

Er lädt uns ein, ihm unsere Angst und Erschöpfung zu klagen, ihm können wir das Versagen eingestehen, ihm den Zweifel zumuten. Ja, und wir dürfen darauf hoffen, von ihm getröstet zu werden.

Tröstet, tröstet mein Volk! spricht euer Gott.

Gott selbst wird nicht müde zu trösten. Er hört nicht auf, sein Volk, uns heute, zu trösten in unserer mitunter heillosen Zeit.

Gott ist der Einzige, der bis in den Tod und durch den Tod hin­durch treu ist, bei jedem aushält, wenn er sich selbst und andere Menschen nicht mehr aushalten kann. Gott hält treu an Ihnen und mir fest. Gott thront nicht über den Wolken, sondern er kommt uns entgegen und greift in diese Welt ein. Wo sein Trost kommt, ist seine Freiheit. Sein Trost erreicht uns und andere Menschen, wo wir ihn an uns heranlassen und wo wir uns aufmachen zu trösten. Darum legt er uns die Worte des Propheten ans Herz:

Tröstet, tröstet mein Volk! spricht euer Gott.

Gelegenheiten, wo wir Trost brauchen, wird es genug geben in diesen Tagen. Weil wir etwas falsch gemacht haben. Oder auch nur, weil wir spüren, dass etwas schiefgelaufen ist. Weil wir andere Menschen nicht verstehen können.

Und es wird Gelegenheiten geben, in denen wir gerufen sind, andere zu trösten – zuzuhören, Raum zu geben, zu verstehen, um Worte zu ringen und mit Gottes Geist zu rechnen. Das könnte dann weiterfüh­ren in das Weite, aufatmen lassen. Trost hat viele Gestalten. Dass Menschen getröstet werden, geschieht, manchmal sogar unerkannt und unbeabsichtigt.

Es bedarf auch der eigenen Bereitschaft sich trösten zu lassen. Mein Trost, und vielleicht auch Ihr Trost, liegt in der Hoffnung, dass Gott uns in den Wirrnissen und Zerwürfnissen nicht allein lässt. Er stellt sich in dem Kind in der Krippe an unsere Seite.

Die schwierigsten Hindernisse in unserem Leben und in der Welt erledigt Gott selbst. Gott will mit uns zusammenwohnen, uns bergen und die Wüste in unserem Leben beenden. Gott kommt. Das ist die frohe Botschaft, die Jesaja heute verkündet.

© L.U.

trost

Ihnen und allen Ihren Lieben ein gesegnetes Weihnachtsfest und Neues Jahr 2023.

Ihre

Fam. Lubitz